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Artikel / Reden

Peter Henisch: das bin doch nicht ich

Wie lang waren Sie eigentlich in Amerika? fragt mich die Frau S., bei der ich meinen Frühstückskaffee trinke.

In den Vereinigten Staaten meinen Sie? Nun ja, da war ich drei Mal auf Lesereise.

Aber Sie waren doch als Literaturprofessor dort, sagt sie, Sie haben doch an einem College unterrichtet ...

Liebe Frau S., sage ich, das war nicht ich, das war Paul Spielmann.
Und das sind nicht Sie? fragt sie.
Nein, sage ich, das ist der Erzähler.
Also eigentlich doch Sie, sagt sie.
Nein, sage ich, eigentlich nicht. Auch wenn mir dieser Typ vielleicht ein bißchen ähnlich sieht, sollten sSie uns zwei nicht verwechseln.
Das fällt mir schwer, sagt sie. Wenn so ein Autor ICH schreibt, dann denke ich, es handelt sich um ihn.
Ich hebe an, etwas zu erklären, aber da betritt ein anderer Frühstücksgast den Raum. Und während die Frau S. sich an der Kaffeemaschine zu schaffen macht, fällt mir mein Gastspiel an der Uni in New York ein. Wie ein Student auf mich zutritt, noch vor der Lesung. Und mich fragt, ob ich tatsächlich der Autor bin, der aus dem Buch Schwarzer Peter lesen soll: I thought, you are black.
So was kann also passieren, werde ich zu Frau S. sagen, wenn sie wieder an meinen Tisch zurückkehrt. Und zwar nicht nur in Amerika, wo ich, ich geb es ja zu, nicht ganz so bekannt bin. Nein, auch im eigenen Land ist mir das schon widerfahren. Zum Beispiel vor ein paar Jahren im Burgenland.

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Und trotzdem / gerade deshalb. Courage!

Festrede von Peter Henisch anlässlich der Überreichung der österreichischen Kunstpreise 2014 am 20. Jänner 2015.

Lieber Herr Bundespräsident, lieber Herr Minister, liebe Jury, liebe Preisträgerinnen und Preisträger, sehr geehrte und liebe Gäste! Ist Ihnen das auch schon passiert? Sie sind bei Leuten eingeladen, in deren Wohnung es keine Bücher mehr gibt. Alles da, alles, was der Mensch in unserer fortgeschrittenen Zeit eben so braucht oder zu brauchen glaubt. Kein Zimmer ohne Bildschirme. Kein Kind ohne Playstation. Aber Bücher? Wozu denn?

Glatte Oberflächen. Unwahrscheinlich, dass die Bücher irgendwo dahinter versteckt sind. In Ray Bradburys Buch „Fahrenheit 451“ kommt so etwas noch vor. Dass nostalgische Freaks ihre Bücherregale raffiniert tarnen. Um sie zu enttarnen und die Bücher unschädlich zu machen, rückt die Feuerwehr aus.

Die Feuerwehr, im Originaltext the fire-brigade. Eine schnelle Einsatztruppe, ausgerüstet mit Kerosinkanistern und Flammenwerfern. Sie ist dafür zuständig, Bücher aufzuspüren und zu vernichten. In den Wohnungen, die mir in diesem Zusammenhang einfallen, werden solche Feuerwehreinsätze nicht mehr nötig sein.

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